Reißfelder
Paris in London
ISBN 978-3-487-16234-8
Zwischen Irritation und Bewunderung schwankten die englischen Reaktionen auf die Streichquartette von Debussy und Ravel, Francks Violinsonate oder die Klavierquartette von Fauré und Chausson. Die vorliegende Studie zeichnet Präsenz und Wirkung dieses Repertoires nach. Französische und englische Komponisten hatten im Londoner Konzertleben lange nur Nebenrollen gespielt. Um die Jahrhundertwende wurden sowohl die Förderung einheimischer Musik als auch internationale Transferbeziehungen intensiviert. Saint-Saëns war schon ein regelmäßiger Gast, nun etablierte sich Fauré zuerst in privaten Kreisen. Die Société des concerts français verbreitete systematisch die jüngste Kammermusik. Parallel propagierten Autoren wie Edwin Evans und G. Jean-Aubry die französische ‚Schule‘ als Vorbild für die englische Musik, die sich gleichermaßen von deutschen Modellen lösen sollte. In einem Umfeld, in dem Kammermusik verstärkt wertgeschätzt wurde, setzten sich Komponisten wie Frank Bridge, John Ireland, Cyril Scott und Eugene Goossens produktiv mit den neuen Klängen auseinander. Durch zeitgenössische Pressekritiken und -diskurse, Archivalien, Briefe und Tagebücher sowie den Blick auf persönliche und kompositorische Konstellationen entsteht ein kultur- und gattungsgeschichtliches Panorama, das die europäische Perspektive auf die Umbruchszeit um 1900 erweitert.
englischEnglish reactions to the string quartets of Debussy and Ravel, Franck's violin sonata, or the piano quartets of Fauré and Chausson fluctuated between irritation and admiration. This study traces the presence and impact of this repertoire. French and English composers had long played only minor roles in London concert life. At the turn of the century, both the promotion of native music and international transfer relationships intensified. Saint-Saëns was already a regular guest, now Fauré established himself first in private circles. The Société des concerts français systematically disseminated recent chamber music. In parallel, writers such as Edwin Evans and G. Jean-Aubry propagated the French 'school' as a model for English music, which was equally expected to break away from German models. In an environment where chamber music was increasingly valued, composers such as Frank Bridge, John Ireland, Cyril Scott, and Eugene Goossens productively explored the new sounds. Contemporary press reviews and discourse, archival documents, letters and diaries, and a look at personal and compositional constellations create a panorama of cultural and genre history that expands the European perspective on the period of upheaval around 1900.