Die Adaptation religiöser Sprache und Vorstellungen war sprachübergreifend eine wesentliche Strategie, wie im 19. Jahrhundert nationale Ideen artikuliert wurden. Die Studie analysiert die semantischen Mechanismen und kommunikativen Funktionen dieses Phänomens anhand tschechischer Texte, die aus Anlass großer nationaler Feste zwischen 1860 und 1885 entstanden.
Die Autorin zeigt, dass der tschechische Nationalismus trotz seines weitgehend säkularen Charakters zahlreiche Begriffe, Argumentationsweisen und Ausdrucksgewohnheiten aus dem zeitgenössischen katholischen Diskurs übernahm und transformierte. Dies hatte eine ambivalente Wirkung: Einerseits verloren die routiniert eingesetzten religiösen Konzepte ihre religiöse Markierung und verwandelten sich in konventionelle Metaphern ohne sakrale Assoziationen. Andererseits verfestigten sich im nationalen Diskurs bestimmte religiös inspirierte Deutungen der Wirklichkeit, die die spätere Abkehr von der religiös gefärbten Rhetorik überdauerten und uns im Wesentlichen bis heute vertraut sind.